Usman ist Mazhar`s jüngerer Bruder und er hat dieses Wochenende geheiratet.
Seine Frau kommt nicht aus der direkten Familie, was ich natürlich aufgrund der bekannten Risiken für die Kinder sehr begrüsse. Wenn es schon eine arrangierte Ehe sein soll, dann wenigstens nicht mit einem Cousin oder einer Cousine ersten Grades.
Leider konnte die Hochzeit nicht komplett so stattfinden, wie es eigentlich geplant war.
Vor etwa einem Monat ist die Frau von Mazhar´s und Usman´s Cousin gestorben.
Sie war erst 29 Jahre alt. Sie kam mit inneren Blutungen ins Krankenhaus hier in Lahore und man hat erst einmal zwei Tage für die Diagnose gebraucht, bevor man operiert hat.
Da war sie schon so geschwächt, dass sie die schwere Operation (13 cm ihrer Darmes mussten entfernt werden) nicht überlebt hat. Zwar konnte man sie noch 2 Wochen mit künstlicher Beatmung am Leben erhalten, aber zwei Tage nach der Operation war sie schon ins Koma gefallen.
Sie hinterlässt ihren Mann und drei kleine Kinder im Alter von 1 1/2, 3 und 5 Jahren.
Für Mazhar und Usman ist der Cousin wie ein Bruder. Die zwei sind mit ihm und seinem Bruder zusammen aufgewachsen. Dementsprechend nah ging ihnen auch der Verlust seiner geliebten Frau und Mutter seiner Kinder.
Deshalb wollten wir die Hochzeit auch gerne verschieben. Aber die Brautseite hat dann letztendlich nur einer etwas kleineren Feier zugestimmt.
Der erste Abend wird Mehndi genannt und ist eher informell. Mehndi ist normalerweise die Bemalung von Händen und Füssen mit Henna. Das wird natürlich für diese Feier auch gemacht. In vielen Familien treffen sich die Frauen und bemalen sich dann gegenseitig.
Ich habe mich da lieber in professionelle Hände gegeben und bin in meinen Schönheitssalon gegangen. Das Henna wird als Paste mit einer dünnen Spitze auf die Haut aufgetragen und muss dann mindestens 1 Stunde trocknen. Dann kann man die hart gewordene Kruste der Paste abwaschen und zurück bleibt die rote bis schwarze Färbung der Haut, die ca. zwei Wochen braucht um wieder komplett zu verblassen.
Die Kleider zu diesem Event haben traditionell mehr gelb, türkis und goldene Farben.
So auch mein Outfit, welches ich von Mazhar´s Familie bekommen hatte. Passend dazu trägt man jede Menge Armreifen, Ohrringe, Collier und Ringe.
Dann trifft man sich. Braut und Bräutigam kommen getrennt und werden mit viel Musik in den Partysaal gebracht. Sie sitzen auf einem erhöhten Podest und werden von jedem Gast quasi “besucht”. Dabei steht Öl, Hennapaste und Süssigkeiten auf dem Tisch.
Man nimmt etwas Öl auf den Finger und streicht es Braut und Bräutigam ins Haar. Dann etwas Hennapaste, die auf einen Geldschein gestrichen wird, den Braut und Bräutigam in den Händen halten. Zuletzt nimmt man eine Süssigkeit und füttert das Brautpaar.
Nach 300 Besuchern hat man da garantiert die Schnauze von allem Süssen voll.
Dann wird getanzt. Meist haben die jungen Mitglieder der Brautfamilie (Schwestern, Brüder, Cousins und Cousinen) etwas vorbereitet. Dazu werden spezielle Trommeln geschlagen und gesungen.
Irgendwann gibt es dann Abendessen.
Und wie so üblich in Pakistan löst sich die Feier dann nach dem Essen auf.
Braut und Bräutigam fahren getrennt nach Hause und dürfen diese Nacht noch nicht miteinander verbringen.
Der nächste Abend wir Barat genannt und wird von den Brauteltern ausgerichtet.
Hier sind die Farben der Kleidung verschieden. Mazhar´s Schwestern hatten dunkelrot, weiss mit türkis und weiss mit orange an. Mir hatten sie ein weisses Outfit mit goldener Stickerei gebracht. Dazu hat mein Schneider eine lange, weite Hose aus Seide geschneidert. Wieder viele Armreifen, Ohrringe und Collier, natürlich farblich passend.
Abermals kommen Braut und Bräutigam getrennt. Der Bräutigam mit seiner Familie zuerst, die Braut dann mit etwas Verspätung. Wieder sitzt man auf dem erhöhten Podest, wieder kommen die Gäste zum Gratulieren und von jedem wird ein Photo mit den Brautleuten gemacht.
Dann gibt es Abendessen. Wieder verabschieden sich die ersten Gäste, aber die enge Familie hat noch etwas vor. Die Braut muss noch vom Bräutigam bezahlt werden. Dafür offeriert man dem Bräutigam ein Glas Milch, vom dem er trinken soll. Doch das wird wohl die teuerste Milch seines Lebens werden. Also geht das Feilschen los. Der Bräutigam will natürlich erst nicht trinken, er unterstellt schlechte Qualität, zu hohen Preis und so weiter.
Ein sehenswertes Schauspiel. Nach langen, zähen Verhandlungen, die Braut hat mittlerweile von der Milch getrunken um ihre Qualität zu bezeugen, wird der vereinbarte Preis bezahlt und der Deal besiegelt.
An diesem Abend fährt die Braut zum ersten Mal mit ihrem Mann nach Hause.
Das Ganze geht sehr tränenreich von statten. Mutter, Schwestern, Cousinen weinen lauthals. Selbst den Männern stehen teilweise die Tränen in den Augen.
Dann kommt nur die aller engste Familie (Schwestern, Schwager, Eltern, Grosseltern, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen) mit ins Brauthaus.
Die Brautleute haben noch eine kleine Fotosession in ihrem Hochzeitsoutfit.
Man trinkt noch ein Tässchen Tee und wünscht dem Brautpaar alles Gute für die Zukunft (und die erste Nacht).
Ich habe dann noch mit einem kleinen Holzstäbchen durch ein Auge des Bräutigams streichen müssen. Das soll ihm Glück und Gesundheit bringen. Für mich war es eine Auszeichnung, dass er mit so weit vertraut, dass ich mit einem Holzstab so nah an sein Auge heran durfte.
Nachdem sich die Brautleute zurück gezogen hatten bin auch ich nach Hause gefahren.
Heute morgen habe ich mich dann ausgeklinkt. Die Familie der Braut kommt ins Haus der Brautleute und bringt das Frühstück mit.
Eigentlich wird dann an diesem Abend noch Walima gefeiert. Das ist die Feierlichkeit, die von der Familie des Bräutigams ausgerichtet wird.
Dieses Fest haben wir in Respekt auf die Verstorbene verschoben.
Im nächsten Monat startet der Fastenmonat Ramadan und danach werden wir dann dieses Fest nachholen.
Dazu habe ich ein dunkelgrünes Outfit mit schwarz-goldenen Stickereien bekommen.
Natürlich wieder mit Armreifen, Ohrringen und Collier. Dieses Outfit gefällt mir persönlich am besten und ich freue mich schon auf diesen Teil der Hochzeit, wenn er auch erst etwas später statt findet.
Und wer weiss, vielleicht ist die Braut dann ja schon nicht mehr alleine!!??!!